Drucken

Eine kleine Geschichte aus der Nachkriegszeit, erzählt von einem älteren Beringstedter Mitbürger:

Mein Vater war bis 1948 in Kriegsgefangenschaft. Während dieser Zeit kümmerte sich meine Mutter um Haushalt, Kinder, Geschäft (Lohnunternehmen) und Garten. Wir hatten damals bereits ein Telefon (Nr. 101), damit Kunden anrufen konnten, um geschäftliches zu besprechen, aber auch für Privates.

Über das Amt Beringstedt und den Bürgermeister (damals Herr Harms) bekam die Gemeinde nach dem Krieg Flüchtlinge (Vertriebene) zugewiesen, die in den einzelnen Haushalten und Häusern untergebracht werden mußten. Herr Kurt Meier arbeitete damals beim Amt Beringstedt und hatte sich um diese Angelegenheit zu kümmern. Der Bürgermeister bekam die Befugnis, dafür einzelne Zimmer in Häusern zu suchen, damit diese Menschen eine Unterkunft bekamen. Überall, wo es möglich war, wurden Menschen einquartiert. Auch in unserem Haus gab es 2 Partien, die einquartiert wurden. Einmal 3 ältere Leute 1 Mann und 2 Frauen -an die Namen kann ich mich nicht mehr erinnern- und Frau Peusen mit Tochter. Sie bekamen das Schlafzimmer meiner Eltern, das dafür geräumt werden mußte.

Da immer mehr Vertriebene in unser Dorf kamen und der Wohnraum immer bedrängter wurde, bekam meine Mutter eines Tages den Tip, daß man keinen weiteren Raum zur Verfügung stellen muß, wenn es sich um ein Geschäftszimmer handelt. Bedingung war, daß in diesem Zimmer ein Telefon vorhanden sein mußte. Unser Telefon stand damals auf dem Flur, aber meine Mutter hatten dann die Idee, dieses Telefon in den anliegenden Raum zu verlegen. Kurzerhand besprach sie dies mit Willi Hartig, der damals bei der Post arbeitete. Dieser bohrte ein Loch durch die Wand und so wurde das Telefonkabel in den anliegenden Raum verlegt und es galt fortan als `Geschäftszimmer´.

Anmerkung: Beringstedt hatte zu dieser Zeit doppelt so viele Einwohner wie davor! In vielen Häusern wurden sogar 3-4 Familien mit Angehörigen oder als Einzelperson untergebracht. Manchmal 5-6 Personen in einem 16 m2-Zimmer! Aber in anderen Dörfern sah es auch nicht besser aus. Alles was irgendwie bewohnbar war wurde belegt und teils mit einer Kochhexe ausgestattet, damit dort auch Essen gekocht werden konnte.

1948 bekam meine Mutter dann einen Anruf aus Hamburg (vom Bahnhof): Hier steht ein Mann neben mir, der abgeholt werden möchte. Es war mein Vater. Es wurde dann besprochen, daß er noch bis nach Heide weiterfährt. Meine Mutter fuhr ihm mit dem Zug aus Beringstedt entgegen und überglücklich über das Wiedersehen, fuhren sie von Heide nach Hause ohne in Arkebek (bei Albersdorf) auszusteigen, wo meine Großeltern wohnten.