Zwei Beringstedter Originale:           Hermann Haack und Hinrich Voss (Seegen)

(Quelle: ein Bericht, verfaßt von Otto Bolln, Beringstedter Archiv)

Sie waren beide Tagelöhner und verdingten sich gern gemeinsam als solche bei größeren Arbeitsvorhaben der Bauern oder auch der Gemeinde, z. B. beim Ausbau der Feldwege, bei Melerationsarbeiten (*1) in den Wiesen oder auf den Mooren, beim Holzfällen nach Holzauktionen, beim Abholzen des Knickbewuchses, beim Bündeln und Binden von Faschinen oder beim Roden von Baumstümpfen und auch beim Dreschen im Herbst und Winter und beim Buschhacken im Frühjahr. Gewiss gab es auch mal Pausen (ohne Arbeit), die aber mit Arbeiten am und im eigenen Haus oder mit Binden von Reiserbesen sinnvoll ausgefüllt wurden. Zu anderen Zeiten aber waren sie immer fleißig im Einsatz. Beide hatten einen ausgeprägten Sinn für Humor und Späße aller Art und sie schlossen auch Wetten ab, die sie unter großer Anteilnahme der Dorfbevölkerung austrugen. Meist begleitet von reichlich Braunbier und Köhm. Popularität erlangten sie bei passender Gelegenheit, wenn sie gemeinsam auftraten, z.B. beim Ringreiten, beim Eis-Boßeln, bei Treibjagden (als Treiber) oder bei Veranstaltungen des Krieger- und Kampfgenossen-Vereins.

Auf einer Fotografie, die in den Jahren 1910/11/12 vor oder nach einer Treibjagd in Beringstedt aufgenommen wurde, sehen wir die Beiden einträchtig in der untersten Reihe nebeneinander sitzen.

1912 Treibjagt für website

Seegen Voss mit Flasche und Glas und Hermann Haack mit dem Signalhorn. Nebenbei bemerkt: Links von den beiden neben dem Gastwirt Ehler Voss der Knabe mit dem Jagdhund an der Leine, ist mein Bruder Hermann Bolln 13-14 Jahre alt.

Hak und Ösch (plattdeutsch) wurden die Beiden genannt, weil sie wie Haken und Öse zusammenpaßten. Sie verdingten sich meistens bei eigener Kost, denn dann war der Tagelohn durchweg um 50 Pfennig höher. So gab es dann statt der üblichen 2 oder 2,50 Reichsmark täglich 3 Reichsmark. Sie waren beileibe keine Saufbolde oder Quartalssäufer, aber wenn sich die Gelegenheit bot, eine gewonnene Wette oder eine milde Spende, dann waren sie auch gern beim „Schnapsen“ dabei. Sie gehörten zum Dorf und sie trugen, gewollt oder auch ungewollt, zur Belebung des im Allgemeinen gleichmäßig dahinfliessenden Dorflebens bei.

(*1)  lt. wikipedia: Meliorationsarbeiten = kulturtechnische Maßnahmen zur Verbesserung des Bodens, Steigerung seiner Ertragsfähigkeit, Vereinfachung seiner Bewirtschaftung.

Haken und Oesen (plattdeutsch: Hooken und Öschen)

Als es noch keine Reißverschlüsse gab, behalf man sich mit Druckknöpfen oder mit Haken und Oesen. Insbesondere waren sie gängig bei der Damenoberbekleidung. Es gab sie in vielen Arten, Farben und Größen. Sie mußten gut ineinanderpassen und wurden bei herumziehenden Hausierern (wandernde Klein-Warenhäuser) gekauft.

Hermann Haack stammte aus Ostpreussen. Schon seine Aussprache ließ ihn als solcher erkennen. Wahrscheinlich hatte er seine 2-jährige Militärzeit bei einem der preussischen Regimenter in Rendsburg (85 er), Flensburg (86 er), Neumünster (163 er) oder Altona (31 er) abgeleistet und war dann, wie viele seiner Landsleute, im Lande geblieben und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es hier als Tagelöhner bessere Verdienstmöglichkeiten als daheim im Osten gab. Seine Frau Male (Amalie) war klein von Gestalt aber wohl gerundet und sie stammte ebenfalls aus dem fernen Ostpreussen. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Sie bewohnten eine Strohdachkate am Dorfausgang nach Puls und Ostermühlen (Friedenstraße 32). Damals war das Haus noch ein `Rauchhaus´ in dem auf der Lehmdiele unter der Bodendecke Speckseiten, Schinken und Würste geräuchert wurden. Hermann Haack trug im Mannesalter einen rötlichen Vollbart, was ihm den Beinamen „Barbarossa“ eintrug.

Hinrich Voss trug auch einen Beinamen, der ihn von den vielen anderen Dorfbewohnern namens Voss (Voß), unter denen noch zwei oder drei weitere den Vornamen Hinrich hatten, unterscheiden sollte: „Seegen Voss“. Jeder wußte so sofort, wer dann gemeint war. Verheiratet war er mit einer Tochter des Tischlermeisters Hinrich Pahl (Seegen 3) und er hatte sich ein Haus im Ortsteil `Seegen´ am Ortsausgang nach Seefeld gebaut.

Anmerkung: Das Bild zu dieser Geschichte wurde von Annelene Illing zur Verfügung gestellt. Es stammt aus dem Haus von Dora Lütje (Mückenhörn 9, heute nicht mehr vorhanden), die eine Schwester zu Otto Bolln war (Tante und Onkel zu Wilma Illing, Mutter von Wulf Illing).

 

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